Zehn Gründe gegen die „Abwrackprämie“

Fünf Milliarden Euro stellt die Bundesregierung nun für die „Abwrackprämie“, ursprünglich auch mal „Umweltprämie“ genannt, bis Ende des Jahres bereit. 2.500 Euro für jeden, der sein mindestens neun Jahre altes Auto verschrottet und sich dafür einen Neuwagen kauft. Doch dieses „Staatsgeschenk“ schadet mehr, als es der Konjunktur oder Umwelt hilft.

Zeichnung: © Dennis Knake

Die „Umweltprämie“ auf der Straße der Konjuktur – ein kurzes Vergnügen. Zeichnung: © Dennis Knake

Hier zehn gute Gründe gegen die wahltaktische Volksverblödung:

  1. Viele Menschen ziehen jetzt lediglich den Autokauf vor. Das große Absatzloch kommt dann im nächsten Jahr und vermutlich dann erst richtig dicke. Pleiten und Jobverluste drohen.
  2. Viele können sich trotz 2.500 Euro Prämie kein Auto leisten und finanzieren den Kauf nun mit Krediten. Die Zinsen dafür dürfte die Prämie größtenteils auffressen. Von der möglichen Schuldenfalle in wirtschaftlich schweren Zeiten mal ganz abgesehen…
  3. Geringverdiender, die jetzt ein neues Auto brauchen, finden auf dem Gebrauchtwagenmarkt kaum noch günstige Angebote unter 2.500 Euro und schauen in die Röhre.
  4. Freie Werkstätten und Gebrauchtwagenhändler werden durch die Abwrackprämie bereits direkt geschadet. Insolvenzen und Entlassungen stehen bevor.
  5. Vor der Abwrackprämie gaben die Hersteller großzügig Rabatte auf Neuwagen. Das überlassen sie jetzt lieber dem Staat und damit Steuerzahler.
  6. Der Neuwagenkauf kommt meist den Herstellern populärer Kleinwagen zu Gute. Die wenigsten davon werden aber in Deutschland produziert. Nichts gegen asiatische Kleinwagen oder die aus Osteuropa, aber wollte man mit den Steuergeldern nicht die inländische Wirtschaft stärken?
  7. Schlechte Ökobilanz I: Die Herstellung eines Fahrzeugs verbraucht viele Ressourcen. Es ist besser einen Wagen länger zu fahren, als gut erhaltene Modelle bereits nach neun Jahren zu verschrotten.
  8. Schlechte Ökobilanz II: Der Kauf eines Neuwagen ist an keinerlei Richtlinien gebunden. So wird auch derjenige gesponsert, der einen sparsamen Kleinwagen gegen einen echten Spritschlucker austauscht.
  9. Viele, die dank Abwrackprämie jetzt das Geld für einen Neuwagen ausgeben, müssen dafür an anderer Stelle erheblich sparen. Das werden Handel und Gastronomie in ohnehin schweren Zeiten zusätzlich zu spüren bekommen. Wieder drohen Insolvenzen und Entlassungen
  10. Fünf Millarden Euro sind kein Pappenstiel. Wenn die Wahlen dann gelaufen sind, könne wir uns Dank der hohen Schulden auf noch höhere Steuern freuen. Warum die Regierung nicht einfach die Mehrwertsteuer senkt und damit den allgemeinen Konsum attraktiver macht, bleibt ein Rätsel…

Fazit: Den offiziellen Namen „Umweltprämie“ verdient dieses Subventionsprojekt keineswegs. Grundsätzlich zeugt es schon von einer ziemlich verzerrten Realitätswahrnehmung, den Kauf eines Automobils als Förderung des Umweltschutzes anzupreisen. Aber auch als Konjunkturmotor wird diese Prämie keinen Nutzen entfalten können. Dort, wo sie jetzt sehr zeitlich begrenzt hilft, schadet sie an anderer Stelle umso mehr. Bleibt die ernüchternde Erkenntnis, dass es sich im Endeffekt um einen rein kosmetischen Eingriff handelt. Ein Versuch der Regierungsparteien, das Wahlvolk im September gnädig zu stimmen. Das böse Erwachen folgt 2010.

Zum Schluss sei noch folgendes angemerkt: Fünf Milliarden Euro stehen nun dazu bereit, dass sich zwei Millionen Menschen einen Neuwagen auf Kosten aller zulegen können. Der Etat für das Familienministerium liegt in diesem Jahr mit sechs Milliarden Euro nur sehr knapp darüber. Die Regierung hält es offensichtlich für wichtiger, dass sich ein Bruchteil der Bevölkerung einen Neuwagen zulegen kann, als dass die gesamte Bevölkerung von besserer Familienförderung mit Kindergeld, Erziehungsurlaub, Kinderbetreuung und Jugendschutz profitiert. Ein Trauerspiel.

Surftipps:
Ein Land im Abwrackwahn
Der Spiegelfechter

Auto-Populismus
Die ZEIT

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Ein Kommentar

  1. Du hast in allen Punkten recht!

    Ich verstehe sowieso dieses Mittel gegen die Konjunkturflaute nicht; als „Job-Motor“ taugt das kaum!

    Auch diese Bundesregierung begreift wohl nicht, dass die meisten Arbeitsplätze in Deutschland in der Dienstleistung stecken!!! Wir sind keine Industrie-Nation!!! Nicht im Handel und schon gar nicht in Stahlwerken (wie die Hintergrundmotive der Tagesschau immer vermuten lassen…) steckt die Masse an Arbeitsplätzen. Und übrigens auch nicht bei Opel, VW, Mercedes & Co….! Die meisten Arbeitsplätze stecken nicht in Großkonzernen sondern zum weit überwiegenden Teil im Mittelstand. Der bekommt allerdings keine Konjunkturprogramme zu spüren. Es hat mal einer – spaßeshalber – eine Abwrackprämiee für Sofa-Ecken gefordert. Aber so falsch ist das gar nicht…

    Wir Deutschen leben nicht von der Automobilindustrie. Wir sind sicher in Forschung und Technik und Qualität in der Automobilindustrie zwar führend, aber von der Anzahl der Arbeitsplätze rangiert sie deutlich hinter dem Handel. An Nr. 1 steht die Dienstleistungsbranche in Deutschland! Warum Merkel und von und zu Guttenberg das nicht begreifen, ist nicht zu verstehen…

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