Vorsicht Anruf: Hotliner, ich verneige mich vor euch

Heute muss ich mal ein Lob an die Mitarbeiter aller Service-Hotlines weltweit aussprechen. Allenorten werdet ihr beschimpft und schlecht gemacht, wird eure Unfreundlichkeit beklagt und euer angebliches Unvermögen bekritelt. Ja, ich gebe zu, auch ich mache meist einen großen Bogen um jede Service-Hotline. Aber ich hätte es besser wissen müssen.

Spätestens nach diesem Anruf, der kürzlich ausnahmsweise mal bei mir landete, statt bei euch. Es ist daher an der Zeit, eine Lanze für euch zu brechen. Denn ich befürchte, so etwas müsst ihr den ganzen Tag aushalten. Aber fangen wir ganz von vorne an:

Freitagnachmittag, kurz vor Feierabend. Das Telefon klingelt. Ich melde mich pflichtschuldigst mit meinem Namen und dem meines Arbeitgebers.

„Wer ist do?“ – nuschelt es mit streng sächsischem Akzent aus meinem Telefonhörer

Ich wiederhole meine Ansprache

„Wer? Isch hob Ihren Namen noch nischt verstanden“

Ich wiederhole geduldig ein weiteres Mal.

Offenbar zufrieden mit meiner Auskunft fängt der Unbekannte auch sofort an, mir ein technisches Problem mit seinem Fax der Firma ***** zu schildern.

Zugegeben, im hohen Norden aufgewachsen zu sein ist nicht unbedingt hilfreich, will man jemandem aus dem Vorwahlbereich 0351 verstehen. Aber ich gebe mein Bestes.

„Entschuldigen Sie“, unterbreche ich den Anrufer vorsichtig, „bevor Sie mir das Problem weiter ausführlich schildern, Sie sind hier leider gar nicht bei der Firma *****. Wir stellen gar keine Faxgeräte her. Ich fürchte ich kann Ihnen da nicht helfen. Zumal Sie hier auch noch mit der Pressestelle verbunden sind.“

„Ja nü hören Sie mir doch erstma‘ zu“, schallt es mir entgegen.

„Ich höre ja gerne zu, aber ganz ehrlich, Sie wären bei der Firma ***** besser aufgehoben.“

„Ja, wie kann isch denn nü die Anruferliste an meinem ***** Fax ansehen?“

„Das Fragen Sie am besten mal bei ***** nach.“

„Ja , dann geben Sie mir doch mol die Telefönnummoh.“

Augenrollen. Wie gut, dass er mich nicht sieht. Aber nett wie ich bin, suche ich ihm schnell die Kontaktdaten der Firma ***** aus dem Internet heraus. Hätte er natürlich sicherlich auch selbst gekonnt.

„Sagen Sie, woher haben Sie überhaupt meine Rufnummer“, frage ich beiläufig.

„Ja die steht doch hier!“

„Wo?“

„Warten se, ich scroll mal. Ich mach das ja für meinen Schwager. Ich bin da auf der Webseite von der Firma ***** und da war ihr Name und da bin ich bei Ihnen gelandet.“

„Mein Name?“

„Nee, der von ihrer Firma.“

Ah, er ist also auf unserer Homepage gelandet und hat sich bis zu den Ansprechpartnern für die Presse durchgehangelt. Der Schlawiner. Wieso hat er dann nicht gleich bei ***** angerufen. Ok, keine Fragen mehr stellen. Freundlich will ich das Missverständnis aufklären. Firma ***** ist nämlich ein Kooperationspartner im Bereich Telefonanlagen und unser Firmenlogo deshalb auch auf deren Homepage zu finden. Doch kaume setze ich zur Erklärung an, werde ich jäh unterbrochen:

„Nü versuchen se mal nisch, mir ne Telefönanlohge zu verkoofen“

Ok, so wird das nichts.

„Lassen Sie es mich anders erklären“, starte ich einen erneuten Versuch. „Wenn Sie ein Auto haben und der Motor streikt, dann rufen Sie doch auch nicht beim Lieferanten der Autositze an, oder?“

Das Beispiel scheint einzuleuchten. Kurzes Schweigen. Ich überlege mittlerweile, ob er vielleicht doch über Umwege Kunde von uns ist, vielleicht über einen Vertriebspartner? Ich setze zur Nachfrage an…

„Haben Sie vielleicht einen Internetanschluss von uns?“

„Näääää, den hab isch von *****, des ist vlleischt n Scheißlöden sach ‚ isch Ihnen“

Warum habe ich bloß gefragt.

„Und wo haben Sie das Faxgerät her?“ Es könnte ja sein, dass er es über einen Vertriebspartner erworben hat, und ich ihm eventuell doch noch mit einem richtigen Ansprechpartner helfen kann.

„DAS wollen se nischt wissen!“

Eigentlich doch. Darum frage ich ja. Aber wenn ich’s mir genau überlege…

„Wenn se Minute Zeit haben“, setzt der Mann erneut an. Und ohne meine Antwort abzuwarten legt er los: „Wissen se, damals, des war noch zu DDR-Zeiten, achneee, des woar spätoh. Da hab isch mal zwee Telefone an einen Anschluss. Da hab isch was bei Conrad gekooft und des zusammen gebaut. Sie wissen, mein Schwager, dem helfe ich dabei immer.“

Ich frage mich, ob ich einem Telefonstreich von Radio RPR „Sinnlos-Telefon“ aufgesessen bin. Kennt noch jemand den Mann, der mit 200 Puls beim Mediamarkt anruft? So fühle ich mich.

„Entschuldigen Sie, wenn ich Sie nochmal unterbreche“, falle ich dem Mann schließlich ins Wort. „Ich muss leider gleich auf einen Termin“

Diese Notlüge musste jetzt sein.

„Aber se ham doch gesoocht se haben ne Minute Zeit“

Hab ich gar nicht. Doch bevor ich antworten kann:

„Aber nü denn, dann wünsch‘ ich Ihnen noch nen schönen Tohch“

Sprichts und legt auf. Keine drei Minuten später, klingelt er schon wieder bei mir. Aber ich bin aber ja jetzt glücklicherweise auf meinem Termin…

Liebe Mitarbeiter einer Telefon-Hotline: Ich verneige mich vor euch und möchte niemals mit euch tauschen!

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2 Kommentare

  1. Ich sage dir, Supporter könnten nicht nur ganze Blogs, sondern auch ganze Enzyklopädien mit Geschichten füllen ;)
    Jedoch haben die meisten (leider) zu viel Anstand und der Arbeitgeber wäre vermutlich auch nicht so erfreut ^^

  2. Der neue Realtime-Voice-Modulator funktioniert also hervorragend >:)

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